Zum Thema NATO Osterweiterung und seine Mythen
hat Marko Kovic hier gut zusammengefasst
Immer wieder heisst es, die USA hätten 1990 versprochen, es werde keine NATO-Osterweiterung geben. Und ihr Versprechen dann gebrochen. Stimmt das?
Nein. Das ist ein Mythos, der 100% falsch ist. Nicht 80% oder 90%. 100% falsch.🧵
Den Mythos des Versprechens greift z.B. der Historiker Daniele Ganser auf. Hier erklärt er, der US-Aussenminister James Baker habe Gorbatschow versprochen, die NATO werde sich nicht nach Osten ausweiten. “Not an inch”.
Historisch belegte Fakten, oder? Nein. Grobe Verdrehung.
1990 gab es in der Tat Verhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Und zwar über die deutsche Wiedervereinigung. Es ging um die Frage, was der sicherheitspolitische Status der ehemaligen DDR sein soll
tandfonline.com/doi/abs/10.108…
Ein Vorschlag von James Baker war, dass das wiedervereinigte Deutschland NATO-Mitglied bleibt, die NATO aber keine Truppen in Ostdeutschland stationiert. Darauf bezieht sich das “not an inch”.
Im September 1990 wurde die Lösung im Zwei-plus-Vier-Vertrag festgehalten: Die Sowjetunion zieht bis 1994 ihre Truppen aus Ostdeutschland ab. Bis 1994 dürften in Ostdeutschland keine NATO-Truppen stationiert werden, danach nur deutsche.
Es ging bei den Verhandlungen 1990 nie um die Aufnahme osteuropäischer Länder und sowjetischer Teilrepubliken - denn die Sowjetunion und der Warschauer Pakt existierten 1990 noch.
Die Vorstellung, dass 1990 über die Aufnahme osteuropäischer Länder und sowjetischer Republiken in die NATO diskutiert wurde, ist nicht nur falsch. Sie ist Unsinn. Das erklärte auch Michail Gorbatschow, hier in einem Interview von 2014.
Link zu einem Video Interview mit Michail Gorbatschow
Aber: Es gab in den 1990er Jahren tatsächlich ein vertraglich bindendes Versprechen bezüglich der post-sowjetischen Ordnung, das gebrochen wurde. Das Budapester Memorandum. Nur: Den Wortbruch begingen nicht die USA - sondern Russland.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die Ukraine die drittgrösste Nuklearmacht der Welt. Die Ukraine erklärte sich bereit, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten und alle Atomwaffen an Russland abzugeben. Die Gegenleistung: Russische Sicherheitsgarantien.
Russland, die USA und UK verpflichteten sich im Budapester Memorandum von 1994, die Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren. Konkret: Die Souveränität und die Grenzen von 1994 der Ukraine sind zu akzeptieren, militärische Angriffe illegal.
Wladimir Putin hat mit dem 2014 begonnenen Krieg gegen die Ukraine das Budapester Memorandum auf gröbst mögliche Art verletzt. Der einzige sicherheitspolitische Wortbruch, der begangen wurde, ist jener des Kreml.
Der Mythos der NATO-Osterweiterung ist heute ein wichtiges Propaganda-Narrativ des Kreml — das nützliche Idioten wie Daniele Ganser in ihrem ideologischen Eifer reproduzieren. Mehr dazu in meinem Newsletter.
markokovic.substack.com/p/die-…